Dass Tiere und insbesondere Pferde hochsensible Lebewesen sind, wusste sie schon lange. Wenn man wie sie ewig lang mit Tieren zusammenlebt, sein Herz am rechten Fleck trägt und mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht, bekam man das recht schnell mit. Doch eine Begebenheit aus letzter Zeit ergriff sie wieder einmal besonders und bestärkte sie darin: Pferde sind etwas ganz Besonderes.
Doch lest selbst…
Es war an einem kalten Sonntagmorgen im Winter. Sie schlummerte noch in ihrem gemütlichen Bett, als das Klingeln des Handys in ihr Bewusstsein trat. Im Halbschlaf nahm sie davon zwar Notiz, blieb aber liegen. Der Klingelton des Handys verstummte, um es anschließend auf dem Festnetz klingeln zu lassen. Spätestens jetzt ergriff ein ungutes Gefühl Besitz von ihr. Hellwach verließ sie ihr Bett. Mit zitternder Hand wählte sie die Rückruftaste, um sich die niederschmetternde Nachricht abzuholen:
„Mama ist heute Nacht gestorben.“
Wie gelähmt nahm sie es entgegen, kein Wort brachte sie heraus. In ihr drinnen allerdings schrie alles laut NEIN! Nein zum zu frühen Tod ihrer geliebten Mutter. Nein zum alleinigen und einsamen Tod in der Ferne. Nein zum so sinnlosen Tod aufgrund der Corona-Pandemie. „Nein, bitte nicht!“ brachte sie flehentlich flüsternd hervor. Doch die traurige Tatsache bahnte sich erbarmungslos ihren Weg.
Beinahe ferngesteuert ging sie zwei Stunden später zu ihrem Pferd. Das geliebte Tier musste versorgt und bewegt werden. Die Handgriffe spulte sie irgendwie ab – immer beobachtet von ihrem Tier. Nur lugte heute kein Schalk aus den schönen Pferdeaugen, die sie keinen Augenblick allein ließen. Und dann geschah es endlich. Ihre Tränen begannen zu laufen. Schluchzend ließ sie sich im Stroh der Pferdebox nieder und gab ihrem Kummer freie Bahn. Ihr Pferd, das die besondere Situation gleich von Anbeginn an erfasst hatte, gesellte sich zu ihr, senkte seinen Kopf und verharrte an ihrer Schulter. Dieses Pferd, was sonst ab und an ganz gern mal an seinem Menschen herumknabberte, verhielt sich vollkommen ruhig. Nähe suchend und Trost spendend stand es bei ihr. Eine gefühlte Ewigkeit konnten die beiden derart in der Pferdebox verbringen. Nach einiger Zeit wurde sie sich dieser Situation bewusst und tiefe Dankbarkeit ergriff Besitz von ihr. Dankbarkeit für das wundervolle Wesen an ihrer Seite, für seine zarten Antennen, für sein tierisches Mitgefühl, für den guttuenden Trost, den es zu spenden vermochte.
Ja, Pferde sind etwas ganz ganz Besonderes!